Iaidō


Iaidō

Iaidō (jap. 居合道) ist der „Weg des Schwertziehens“ und gehört zum großen Bereich der japanischen Budō-Kampfkünste.

  • i bzw. iru steht für anwesend sein, körperlich wie geistig
  • ai bedeutet passen, übereinstimmen, in diesem Kontext so viel wie sofortige Aktion und Reaktion, wann immer notwendig
  • ist der Weg oder auch das Prinzip

Iaidō ist aus der Kampfkunst der alten Kriegerkaste Japans, der Samurai, entstanden. Sinn und Zweck des "Iaidō", des effektiven Ziehens des Schwertes ist, dass es bereits während des Ziehens für den Gegner als tödliche Bedrohung wahrgenommen werden soll. Die dargestellten "Formen" oder "Kata" sind aus verschiedenen Stilen überliefert. Als Übungs - Basis dienen zunächst die 12 Kata des Zen Nihon Kendō Renmei, kurz: ZNKR-Kata. Diese 12 Kata dienen als gemeinsame Basis, ohne eine der alten Schulen zu bevorzugen oder wegzulassen. Sie sollen alltägliche Situationen zwischen Gegnern darstellen, um die entsprechende Antwort zu geben. Alles danach, Kampf, Zweikampf und dergleichen, unterliegt dem Kendō. Unser Sensei sagt immer: "Ihr braucht beides. Iaidō und Kendō bedingen einander!" Kendō ist der effektive Zweikampf und Iaidō übt man ohne physischen Gegner, was die Sache nicht einfacher macht.

Gründer Musō Shinden Ryū
Nakayama Hakudo Meijin

Historisch betrachtet hat laut der Überlieferung der Samurai Hayashizaki Jinsuke Shigenobu (1549–1621) die wahre Natur des Schwertkampfes erkannt. Er nannte seine Technik damals Battōjutsu (抜刀術) und gründete die Schule Hayashizaki Musō-Ryū. Einer seiner Schüler wurde später Lehrer der Tokugawa-Shōgune. Der Nachfolger in der siebten Generation dieser Übertragungslinie war Hasegawa Mondonosuke Eishin. Es wird gesagt, dass er der erste war, der das Schwert mit der Schneide nach oben im Obi trug. Mit dem 11. Großmeister kam es zu einer Spaltung in der Tradition, wobei Musō Jikiden Eishin Ryū dem einen Zweig (Tanimura-ha) folgt, und aus dem anderen (Shimomura-ha) später unter Nakayama Hakudo (links im Bild) Musō Shinden Ryū (夢想神伝流) entsteht. Ich selbst folge meinem Sensei Norio Furuichi und demnach Musō Shinden Ryū.

Battōjutsu gilt als die älteste Bezeichnung für Iaidō. Bereits das Ziehen des Schwertes und der erste Schnitt sollten laut der Lehre des Battōjutsu tödlich und kampfentscheidend sein. Das bedeutet, dass die mentale Stärke des Samurai auf eben diesen Augenblick konzentriert sein soll. Später wurde aus Battōjutsu: Iaijutsu, (-jutsu ( – Technik, Methode) inhaltlich hat sich nichts verändert. Mitte der 1960er Jahre etablierte es sich, dass das "" in immer mehr Kampfkunst-Arten eingeführt wurde, um dem "jutsu", also der reinen Technik, die geistige Seite hinzuzufügen. Dō, also der "Weg" verband sich zu Iai-dō.

 

 

Zu Beginn üben die neuen Iaidoka mit einem Holzschwert, dem so genannten "Bokken" oder "Bokutō". Das Schwert ansich wird gemeinhin als "Katana" bezeichnet, was so nicht ganz richtig ist. Katana beschreibt die Form des Schwertes, das durch seine Krümmung eher einem beidhändig zu führenden Säbel gleicht. Auch das Bokken hat die "Katana" - Form. In den vielen Jahren hat sich allerdings "KATANA" als das Synonym für Samuraischwerter etabliert.
Ist der Anfänger von seinem/er Sensei als "bereit" eingeschätzt, kommt zum Bokken eine Kunststoff-Saya. Im Grunde beginnt der Iaidoka von vorn mit dem Üben, denn die Benutzung der Saya zum Ziehen des Schwertes (Sayabiki, Sayabanare) wird jetzt zum festen Bestandteil des Übens. Dann kommt der nächste Schritt:

Das Iaitō (Links im Bild: 2,4 Shaku Iaitō von Nosyudo, Thema: Tonbo, Sageo: Sonderanfertigung von Elmar Plank San). Iaitō haben eine stumpfe Klinge entweder aus einer relativ weichen Aluminium-Zink-Legierung oder aus Stahl, mit vollständiger Griffmontierung und Saya; sie entsprechen in Form und Gewicht weitgehend einem echten Katana. Iaitō aus Japan sind meist nicht aus Stahl hergestellt, da die Herstellung von Schwertern mit einer schärfbaren Klinge einer kostenpflichtigen Genehmigung unterliegt. An dieser Stelle ein dringlicher Tipp: Vor dem Erwerb jeglicher Ausrüstung, sei es nun Bekleidung, Knieschoner, Bokken, Iaitō oder Shinken, bitte den / die Sensei fragen. Es gibt einen erklecklichen Markt für derlei Dinge und nicht alle entsprechen den Anforderungen dieser schönen Kampfkunst. Merke: Wer billig kauft, kauft zweimal.

Ist der Anfänger gereift und sicher in der Anwendung des Schwertes, kann er als erfahrener Übender mit einem Shin-Ken („echtes Schwert“ mit scharfer Schneide) üben. Bei welcher Graduierung dies erfolgt, wird je nach Verband oder Dōjō unterschiedlich gehandhabt. Zum Beispiel erfolgt im Zen Nihon Kendo Renmei (Alljapanischer Kendo-Verband) und damit auch in der European Kendo Federation (Europäischer Kendo-Verband) die Prüfung zum 6. Dan mit einem Shin-Ken. Auch hier bitte den Rat erfahrener Sensei vor dem Erwerb einholen.

 

Geübt wird Iaidō in Form von festen, aus Alltagssituationen herbeigeführten Kata. Jede dieser Formen bildet eine Situation ab, die allerdings ebenso ahängig ist von der Schule, aus der sie stammt. Schulen (Koryū) im ZNKR sind zB: Omori Ryū (Shoden), Hasegawa Eishin Ryū (Chuden).

 

Die Kata folgen im Grunde immer demselben Muster:

 

- Nuki Tsuke, das Herausziehen des Schwertes und der erste Schnitt

- Kiri Tsuke, weitere Schnitte

- Chiburi, das Abschütteln des Blutes

- Nōtō, das Zurückführen des Schwertes in das Saya

 

Fokus ist hier das Erlernen der Handhabung und des Tempos. Die anfänglichen Zenkenren - Kata dienen dazu, die korrekte Form zu erlernen. Iaidō wird hauptsächlich allein ausgeführt. Jedoch um Aspekte des Abstandes (Maai) und des Bewegungsablauf-Tempos zu erlernen, werden Partnerübungen mit einem oder mit bis zu vier Gegnern durchgeführt. Zumeist wird das aus Sicherheitsgründen mit dem Bokuto ausgeführt. Eine fortgeschrittene Form des Iai ist das „tachi uchi no kurai“, bei der zwei Übende in festgelegten, kontrollierten Kata mit „echten“ Schwertern üben.

Norio Furuichi Sensei, 8. Dan Kyoshi
Norio Furuichi Sensei, 8. Dan Kyoshi

Iaidō und die Zen-Philosophie sind eng miteinander verwoben. Da man im Iaidō nicht gegen physische Gegner antritt, muss man sich seinen Gegner "denken". Dieser Aspekt ist ziemlich deutlich ausgeprägt, denn sowohl auf Wettkämpfen, als auch auf Prüfungen wird gerade am "Metsuke" sehr deutlich, ob man die Form ohne Seele darstellt, oder einen (un)echten Gegner vor Augen hat. Demzufolge ist Iaidō kein eigentlicher Sport, sondern zu einem großen Anteil auch eine Charakterschule. Man versucht seine eigenen Fähigkeiten zu verbessern und seine Persönlichkeit weiterzuentwickeln. 

Das Ziel beim Iaidō ist, sich auf die exakte und sichere Ausführung der Kata zu konzentrieren und die Einheit von Körper, Geist und Schwert zu entwickeln (Ki-Ken-Tai-Ichi). Ursprünglich wurden vielfältige Formen geübt, um körperlich jeder Gefechtssituation gewachsen zu sein und angemessen zu reagieren. Es wird gelehrt, dass die Meisterschaft erreicht wäre, wenn man eine Situation beherrscht – ohne das Schwert zu ziehen. Das erfordert die Entwicklung einer starken Persönlichkeit durch langjährige Übung.

 


Stilrichtungen

 

Es gibt viele unterschiedliche Iai-Schulen. Heutzutage sind die beiden populärsten Musō Jikiden Eishin Ryū (Ryū bedeutet so viel wie Schule, System, Klasse) und Musō Shinden Ryū. Ihre Bewegungsabläufe sind sehr ähnlich, da sie beide auf die Überlieferungslinie von Hasegawa Mondonosuke Eishin zurückgehen. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Stil, der sich in der jeweils eigenen Tradition entwickelt hat.

 

Musō Jikiden Eishin Ryū (無双直伝英信流; deutsch „die unvergleichliche, unmittelbare Lehre der Eishin-Schule“). Hier war Oe Masamichi (1852–1927) der Reformer des Stils, indem er die Formen in Shoden-, Chuden- und Okuiaiwaza einteilte und Omori Ryū offiziell als Shoden-kata einführte. Er war es auch, der als offiziellen Titel der Schule den Namen Muso Jikiden Eishin Ryū auswählte. Heute ist sie die mitgliederstärkste Schule der im Zen Nihon Iaidō Renmei zusammengeschlossenen Schulen.

 

Musō Shinden Ryū (夢想神伝流; deutsch „die im Traum durch göttliche Unterweisung entstandene Schule“) wurde von Nakayama Hakudō (1869–1958) neu strukturiert. Er gliederte die überlieferten Formen in drei Stufen/Klassen: Shoden (beginnende Stufe), auch Omori Ryū genannt, Chuden (mittlere Stufe), auch als Hasegawa Eishin Ryū bezeichnet, sowie Okuden (die geheimste oder tiefste Stufe der Überlieferung). Nakayama Hakudō prägte erstmals den Begriff des Iai-dō. Interessanterweise war er auch mit Ueshiba Morihei, dem Begründer des Aikidō, befreundet, der ebenfalls den Begriff des Dō in seine Kampfkunst einführte.

 

Mugai Ryū (無外流) wurde von Tsuji Gettan Sukemochi (1648–1728) im Jahr 1693 gegründet. Tsuji Gettan Sukemochi entwickelte die Stilrichtung aus seinen Erfahrungen als Lehrer im Kenjutsu-Stil Yamaguchi-ryu, nachdem er mit 45 Jahren Erleuchtung (Satori) durch seine Studien im Zen-Buddhismus erlangte.

 

Yagyū Shinkage-ryū (jap. 柳生新陰流, deutsch „Yagyū Neue Schatten-Schule“) ist eine der bekanntesten Traditionen des japanischen Schwertkampfes. Der Name Yagyū bezeichnet die Familie, die Ende des 16. Jahrhunderts die Leitung dieser Schule übernahm und sie maßgeblich prägte.

 

Hokushin Ittō-Ryū (北辰一刀流兵法) ist eine sogenannte Koryū (“Alte Schule” aus der Zeit vor der Meiji-Restauration von 1868), gegründet in den 1820er Jahren von Chiba Shūsaku Narimasa. Die Schule zählte bald zu den größten und einflußreichsten Stilen und hat zahlreiche exzellente Schwertkämpfer hervorgebracht. Die Hokushin Ittō-Ryū und ihre Traditionen werden bis heute gepflegt und in vielen Teilen der Welt in sogenannten Keikojō oder Dōkōkai weitergegeben.

 

Suiō-ryū Iai Kenpō (水鷗流 居合 剣法) ist eine klassische, japanische Schwertschule. Gegründet von Mima Yoichizaemon Kagenobu am Ende der Sengoku periode. Der Stil beherbergt nicht nur Elemente des Iaijutsu, sonndern auch Elemente von Jōjutsu, Naginatajutsu und Kusarigamajutsu.

 

Shindō Munen-ryū or Shintō Munen-ryū (神道無念流) Shindō Munen-ryū oder Shintō Munen-ryū ist eine japanische Koryū-Kampfkunstschule, die im frühen 18. Jahrhundert von Fukui Hyōemon Yoshihira gegründet wurde. Dank der Bemühungen von Togasaki Kumataro, Okada Junmatsu, Saito Yakuro und seinen Söhnen Shintaro und Kannosuke wurde der Stil in ganz Japan schnell populär.

Hōki-ryū (伯耆流) Hōki-ryū ist eine japanische Koryū-Kampfkunst, die in der späten Muromachi-Zeit von Katayama Hōki-no-kami Fujiwara Hisayasu gegründet wurde.

Literatur

  • Roland Habersetzer: Iaidô. Die Kunst, das Schwert zu ziehen. Palisander Verlag, 2014, ISBN 978-3-938305-59-1.
  • Nicklaus Suino: The Art of Japanese Swordsmanship: Manual of Eishin-Ryu Iaido. Weatherhill, 1994, ISBN 0-8348-0300-3.
  • Peter Güthing: Musō Jikiden Eishin Ryū Iaidō: Traditionelle japanische Schwertkunst. Borsdorf, 2013ff. (bisher drei Bände).
  • William De Lange, Akita Moriji, Akita Moriji: Iaido: The History, Teachings and Practice of Japanese Swordsmanship. Weatherhill, 2002, ISBN 0-8348-0500-6.
  • Titiaan Stuurman: IAIDO, der Weg des Schwertes. Libri Books on Demand, 2000.
  • Meister Takuan [Soho Zenji] (Lehrer von M. Musashi und Y. Munenori): Zen in der Kunst des kampflosen Kampfes. Das Schwertziehen besteht bei weitem nicht nur aus Technik! Otto Wilhelm Barth Verlag.
  • Reinhard Kammer: Zen in der Kunst, das Schwert zu führen. (Originaltitel: Tengu Geijutsu Ron [Buch über die Kunst der Bergdämonen]) Technik ist nur ein Teil des Ganzen. Otto Wilhelm Barth Verlag.
  • Jaff Raji: MUSO SHINDEN RYU – IAIDO – Der Weg des Schwertes. ISBN 3-939703-25-7.
  • Erwin Steinhauser: Der Soke, das Schwert und ich. Novum Verlag, ISBN 3-900693-09-9.

 

Weblinks

Commons: Iaidō – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

 

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